„Ab in den Norden“
… sang Lea mit ihrer Ukulele am Steg unseres Klubhauses „Sörgarden“ bei untergehender Sonne. Und alle stimmten ein, klatschten mit, ließen die Beine baumeln, waren fröhlich und genossen eine wunderschöne abendliche Stimmung.
Bereits nach einer Woche in Schwedens Jönköping hatte sich ein starkes Band um unsere Seelen gewickelt.
Einzigartige Erlebnisse und Abenteuer in der schwedischen Wildnis, gemeinsames Führen eines Haushaltes, Rücksicht nehmen, Achten auf das Wohl jedes Einzelnen…ein herzensprudelndes, inniges Team, umhüllt von unbändiger Kraft und überschäumendem Humor hatte sich still und leise gebildet.
Dabei gab es nicht nur rosige und heile Welt, auch virale Infekte schlichen sich ein. Wir machten Bekanntschaft mit dreisten Jugendlichen und fieser Kriminalität. Aber nichts warf uns aus der Bahn. Wir kommen mit großer Begeisterung zurück aus dem Norden!
Meine Güte, war das alles aufregend. Die lange Fahrt mit unseren Minibussen, die Stippvisite im schmucken Lübeck, die smoothe Reise auf der Fähre, das Ankommen im gemütlichen, so idyllisch am See gelegenen JÖK Klubhaus Sörgarden, das häuslich Einrichten dort, das gemeinsame Leben dort, die abenteuerlichen Unternehmungen und das ausgelassene Spielen neben den Trainings.
Nun wissen wir, wie man Minigolf auf Teppichen spielt, wie man Zuckerstangen herstellt und Knäckebrot, aus welchen Zutaten Lakritze hergestellt wird, wie man aus dem „Dumme Mosse“ wieder herausfindet, wo man ein kostenloses, lustiges Moorbad nehmen und die Jungs beim Moorballmatch besiegen kann, trotz deren furchteinflößendem Schlachtruf und Kampfesgeheul, wie man Kanu OL macht und ein Kanu steuert, dass Elche Birkenblätter aus der Hand fressen und sehr liebe Tiere sind, dass man in den schwedischen Wäldern immer und überall Pilze und Moosbeeren findet, wie herzhaft unkompliziert und wunderschön es ist, in einem Klubhaus am See zu leben. Nur eines darf man nicht: die Sauna anschalten, ohne nachzusehen, ob sich da nicht jemand zur Ruhe gelegt hat!!!
Richtig verliebt haben wir uns in all das. Kein Wunder, dass der Traum von einem eigenen Klubhaus so stark wurde, dass wir voll und ganz überzeugt davon sind, diesen Traum eines Tages in Erfüllung gehen zu sehen.
Auch die täglichen Trainings im nächsten Umfeld waren ein Hit! Unsere Freundin Filippa hatte mit Anna und einem weiteren Klubkollegen sehr gut auf unsere Könnensstufen abgestimmte Trainings vorbereitet. Sogar Hündin Sunny nahm daran teil. Lilli und Jasmin fanden bei einem Training besonders schnell aus dem Wald. Eine Begegnung mit einer Elchkuh und in Jasmin’s Fall mit einem riesengroßen Haufen frischer Elchkake zündeten den Motor! Als wir Filippa davon erzählten, meinte sie, „Oh, was für ein Glück!“ Also, so ganz abgenommen haben wir ihr das nicht! Florian hingegen sorgte für Krisenstimmung. Rainer und Karin starteten eine Suchaktion. Ach du Schreck! Wir befürchteten, dass er aus einem Sumpf nicht mehr herauskommt. Dabei fanden wir ihn in aller Seelenruhe Eierschwammerln pflücken. So viele, dass es fürs Abendessen für alle langte.
Mit viel Energie und großen Erwartungen ging es dann in der 2. Woche weiter Richtung Oskarshamn, das ganz im Osten am Meer liegt, im beliebten Ferienziel Smaland, das 15.000 enthusiatische OL Liebhaber aus aller Herren Länder bei O-Ringen 2024 begrüßte. Wie herrlich gut koordiniert und friedlich die einzelnen Etappen in den verschiedensten Arenen abliefen, das erweckte Staunen. Ein Teil von diesem bombastischen Unterfangen zu sein, erfüllte uns mit riesiger Freude und Stolz. Unsere Kleinsten, Ariella und Mia, da sind wir uns sicher, sind enorm gewachsen. Meisterten sie doch alleine auf sich gestellt, ihre Bahnen in vollkommen neuem Gelände mit vielen unerwarteten Tücken. Ariella sogar im vorderen Viertel der weit über hundert Kinder in ihrer Kategorie D10.
Gleich bei der ersten Etappe, einer Langdistanz, erzielte unser Team Top 10 Plätze. WOW! Moritz wurde 2., Sandra 7. und Pia 9. Das wurde freilich gebührend noch vor Ort gefeiert. Bei der 2. Etappe schafften dies Lilli mit einem 7. und Rainer mit einem 10.Rang.
Da unser Team am ersten Tag relativ frühe Startzeiten hatte und Moritz bis Mittag noch immer an 1. Stelle lag, entpuppte sich der Nachmittag als wahrer Krimi. Läufer für Läufer blieb hinter Moritz. Wir saßen da und verfolgten alles live am Handy. Immer wieder und wieder zählten wir gebannt die Sekunden herunter. Ständiges Atemanhalten und dann wieder erleichtertes Aufatmen, Jubel…wieder einer, der trotz schnellem Zielsprint die Zeit von Moritz nicht toppen konnte!!! Spannung und Nervenkitzel waren so groß, dass manch einer, mitunter auch Moritz selber, sich mit was anderem ablenken musste. Als der letzte Läufer dieser Kategorie, ein gewisser Isaac aus Schweden, ins Rennen startete, war die Spannung kaum mehr zu ertragen. Leider, leider, konnte sich Isaac schlussendlich vor Moritz platzieren. Auf der Bühne sahen wir warum. Er hatte eigentlich 3 Vorteile: Er war einen Kopf größer als Moritz und hatte längere Beine. Er hatte Heimvorteil und er konnte vorgetrampelten Spuren folgen. Für uns war Moritz der Sieger!
Beide Etappen wurden in der Arena Rosenfors abgehalten, ziemlich nahe unserer Unterkunft im ELSABO Herrgards B&B in Berga, einem imposanten alten Herrenhaus mit gepflegter Parkanlage und, wie soll’s anders sein, einem herrlichen Badesee. Auch ein Team mit 68 Chinesen logierte dort. Das Volleyballspielen mit ihnen am Abend war lustig. Weniger lustig, am Morgen nach ihnen zu frühstücken. Nicht nur, dass sie alles ratzefatz hamsterten, um die Hälfte dann doch wieder auf den Tellern zurückzulassen, sie zeigten generell wenig Kultur. Vom Tisch ruhig aufstehen, einen Stuhl zurechtschieben, den Tisch abräumen…noch nie etwas davon gehört! Aber unser 27 köpfiges Team heckte mit Annelie in der Küche und der Hausleitung einen genialen Plan aus. Plötzlich war der Gabentisch bereits vor dem chinesischen Run für uns alleine da und gegen Ende der Woche beobachteten wir unsere chinesischen Freunde sogar beim kleinlauten Ausputzen ihrer ziemlich klein gewordenen Essensreste und sorgfältigen Stapeln der Teller, etc. Na also, es geht doch!
Das Laufgebiet in den ersten beiden Tagen war geprägt von wechselndem Terrain mit unterschiedlicher Laufbarkeit. Richtung halten mit dem Kompass quer durch, strukturieren, sämtliches Gewusel rundherum ausblenden und stur wie ein Roboter durch dick und dünn, durch Sumpf und über Steine und Felsen mehr oder weniger schnell schreiten, das war die Devise. Etappe 2, eine Mitteldistanz, erinnerte teilweise sogar an das schwierige, steinige Gebiet am Obernberger See, aufgelockert durch einige Sumpfgebiete.
Ganz anders dann die 3. Etappe in der Arena Gunnarsö draußen am Meer, an der smaländischen Küste mit typischem, flachem, sumpfigem Pinienwald gespickt mit vielen Hügelfelsplatten, die teilweise mit Moos bewachsen waren.
Die Äquidistanz betrug nun nur mehr 2,5 m! Ui, das war ja OL Genuss pur! An diesem Tag waren es Emil mit einem 1., Pia mit einem 3. und Chiara mit einem 8. Platz, die es weit nach vorne schafften. Aber es wartete noch eine ganz andere Herausforderung. Ein 10m hoher Sprungturm lud zur Mutprobe im Gunnarsö Meeresbad. Kaum einer der sich dieser Herausforderung nicht stellte. Der sonnige Tag endete nach ausgiebigem Springen und Schwimmen mit einem liebevollen Fotoshooting bei tollem Licht auf den Schärenfelsen.
Etappen 4 und 5 befanden sich in einem Naturreservat mit zahlreichen Wanderwegen am Stadtrand von Oskarshamn. Trotz der vielen Wege befand man sich urplötzlich in der Situation, dass es nur Sinn macht möglichst unter dem Strich zu laufen. Das Kompasslaufen hatten wir in den letzten Tagen ja nun bereits ausführlich geübt und gelernt. Richtig famos lief es Emil (1.), Moritz (3.) und Lilli (3.). Nach dieser 4. Etappe lag Moritz im overall ranking an hervorragender 2. Stelle. Er stellte sich auf einen selektiven, nervenraubenden Jagdstart am nächsten Tag ein, lagen seine Verfolger doch nur wenige Sekunden hinter ihm. Moritz bewies Nervenstärke und Coolness und lief in einem packenden Rennen als Dritter über die Ziellinie, beim Zieleinlauf niedergesprintet von einem weiteren Schweden mit eselslangen Beinen aus dem Windschatten kommend. Bravo! Bravo!
Moritz hatte es geschafft diesem enormen Druck standzuhalten und fehlerlos zu navigieren, dabei auch auf das Gaspedal zu drücken. Wir ziehen alle den Hut!!! Annika und Karin flochten aus Zweigen und Blumen einen Kranz für die Siegerehrung, über den sich Moritz sehr freute.
Spätestens dort hatte sich HG auch endlich von seinem immer und überall getragenen Anorak entledigt. Jeder Versuch, diesen zu verstecken war kläglich gescheitert, weil er sich absolut nie davon trennte. Nicht einmal bei Hitze!!! Ein uralter, zerfetzter Laufschuh blieb Gott sei Dank in einem der zahlreichen Sümpfe für immer hängen und verloren. Somit verhalf Karin dem Zwilling mit erleichtertem Grinsen zu einem feierlichen Sprung in die Restmülltonne.
Unsere Heimreise verlief für Bus 1 und 2 trotz prophezeiten Megastaus überraschend gut. Lediglich Bus 3 mit HG, Moritz, Florian und Karin an Bord, mit also nur zwei Lenkern, die es vorzogen eine Übernachtung in einem Hotel einzuschieben, gerieten bereits vor Lübeck und dann weiters zw. Hamburg und Hannover in zahlreiche Staus und bekamen drei Stunden Schritttempo aufgebrummt. Ein Besuch von Rothenburg ob der Tauber mit köstlichem Abendessen, zu dem Karin lud und HG die Idee hatte, in einem netten Gastgarten, tröstete dann aber darüber hinweg.
Zurück vom gelungenen Schwedenabenteuer sind sich alle einig: es war nicht ganz unanstrengend, aber ein mega tolles Erlebnis, das niemand missen möchte. Und vor allem ein grandioses Miteinander! HG und Karin sind erneut zu dem Schluss gekommen, dass Kinder, Jugendliche, Eltern und Erwachsene dieser Truppe etwas ganz Besonderes sind.
Nun Schluss der Worte. Die Bilder von Thomas auf flickr drücken aus, was in Worten kaum zu beschreiben ist. Taucht ein in diese Welt! Und taucht wieder auf mit einem herrlich guten Gefühl für unsere gemeinsame Zukunft. Wir sind unsagbar stark, komme, was wolle!
Bericht: Karin Lugsteiner